Der Kosmos der Weisen Frau

Alte Eiche im Elbvorland bei Radegast, dem Storchendorf

🌳 Der Baum als Spiegel der Seele – Der Kosmos der weisen Frau

Seit uralten Zeiten wussten die weisen Frauen: Der Geist des Menschen ist kein flacher See, sondern ein vielschichtiger Kosmos. Wer schamanisch lauscht, erkennt: Wir sind eingebettet in ein mehrdimensionales Geflecht aus Bewusstseinsebenen – und ein uraltes Symbol hilft uns, diese Ebenen zu begreifen und zu durchdringen: der Baum.

Er ist nicht nur ein Hüter der Natur, sondern ein lebendiges Abbild unseres Seins. In der Tradition der weisen Frauen steht er für den inneren Aufbau der schamanischen Welten. Seine Wurzeln, sein Stamm, seine Äste – sie erzählen von dem Weg der Seele zwischen den Welten.

🌿 Die vier Welten im Baum der weisen Frau:

  • Die Unterwelt – das Reich des Unbewussten:
    Tief unter der Erde breiten sich die Wurzeln aus. Hier liegen unsere ursprünglichen Kräfte verborgen – das Wilde, das Unerlöste, das Potenzielle. In der Unterwelt schlafen die Seelenanteile, die einst verloren gingen. Hier beginnt die Reise der Rückholung.
  • Die Untere Welt – der Ort der Befähigung:
    Wo die Wurzeln auf die Erdoberfläche treffen, liegt die Schwelle zur unteren Welt. Sie ist das Reich des Unterbewussten. Hier empfangen wir Weisung aus der Tiefe, hier wurzelt unser inneres Wissen. Ohne Verbindung zu diesem Ort bleibt jede spirituelle Entfaltung bloßes Konzept.
  • Die Mittlere Welt – das Feld der Verkörperung:
    Der Stamm des Baumes trägt uns durch den Alltag. Hier leben wir, handeln, gestalten. Es ist die Welt der sichtbaren Manifestation, in der wir als bewusste Wesen zwischen Himmel und Erde wirken. Hier entfaltet sich unsere Medizin – sichtbar, erfahrbar, geerdet.
  • Die Obere Welt – das Reich der Seele:
    Die Äste und Blätter reichen in den Himmel. Sie sehnen sich nach Licht, nach dem Hauch der Göttin, nach Inspiration. In der oberen Welt wohnt das Seelenlicht, die kreative Quelle, das überbewusste Feld, das uns Visionen schenkt und uns an unsere göttliche Herkunft erinnert.

🌬 Die stille Kraft des Baumes

Ein Baum lehrt uns mehr durch sein Sein als durch Worte. Die Alten nannten ihn das stehende Wesen. Er bleibt, wo er wurzelt – und wer in seiner Nähe verweilt, spürt seine Gegenwart: ruhig, kraftvoll, durchdrungen vom Rhythmus der Erde.

In der schamanischen Praxis ist es ein heilsames Ritual, sich dem Baum in innerer oder äußerer Stille zu nähern. Wer mit offenem Herzen lauscht, kann seine Weisheit empfangen. Nicht über den Verstand, sondern über den spirituellen Geist – jenen Teil von uns, der jenseits von Sprache und Gedanken wahrnimmt.

🌳 Der eigene schamanische Baum

Für manche ist es die Birke, die mit ihrer weißen Rinde den Neubeginn kündet. Für andere die Weide, die mit dem Wasser flüstert. Für mich ist es die Eiche. Ihre Krone ragt weit in die obere Welt, ihr Stamm ist kräftig in der mittleren Welt, ihre Wurzeln tauchen tief hinab – bis ins unbewusste Reich der Schatten und Gaben.

Wer seinen Baum kennt, kennt auch sich selbst in allen Dimensionen. Er wird zur Landkarte der Seele.

„Werde wie der Baum“ – ein stilles Ritual der Einkehr:

  1. Suche dir einen Ort in der Natur – oder verbinde dich innerlich mit deinem Seelenbaum.
  2. Stelle dich aufrecht hin. SpĂĽre deine FĂĽĂźe auf der Erde.
  3. Atme tief. Lasse die Gedanken wie Blätter im Wind davonziehen.
  4. SpĂĽre deine Wurzeln tief in die Erde wachsen.
  5. Strecke innerlich deine Äste empor – zum Licht, zur oberen Welt.
  6. Bleibe ganz reglos – doch in wacher Gegenwärtigkeit.
  7. Lausche der Stille. Was flĂĽstert dein Baum dir zu?

🌟 Fazit

In der schamanischen Tradition der weisen Frauen ist der Baum kein bloßes Symbol – er ist ein lebendiges Wesen, ein Spiegel unserer Seele. Er erinnert uns an die Tiefe, aus der wir kommen, an die Kraft, die uns durchströmt, und an das Licht, das uns ruft. Mögen wir wieder lernen, wie die Alten zu lauschen – mit dem Herzen, mit der Seele, mit dem Atem der Erde.

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